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The Sotschi Games

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In diesen Tagen starten sie also, die grandiosen, gut organisierten und menschenrechtlich perfekten Olympischen Spiele 2014 in Sotschi, Russland.

Na, Ironie erkannt???

Denn ganz ehrlich: Grandios werden diese Spiele wohl eher nicht. Vielleicht holen unsere SportlerInnen zwar die eine oder andere Medaille – doch ob sie wirklich dort sein wollen und nicht nur zum Schutz ihrer Karriere hingeflogen sind, lasse ich mal offen.

Gut organisiert und menschenrechtlich perfekt?

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Seit dem 4. Juli 2007 weiss Sotschi, dass sie ab dem 7. Februar Gastgeber dieses Mega-Events sein werden. Kurz nach der Bekanntgabe wurden in Sotschi einige Siedlungen abgerissen, und nach dem Fund eines Massengrabes der Vorfahren der Tscherkessen wurden bereits die ersten Demonstranten verhaftet und deren Wohnung durchsucht. Aber nicht nur das: Von den rund 100’000 Bauarbeitern, die aktuell immer noch daran sind, die Olympischen Austragungorte und Hotels fertig zu stellen, haben viele entweder keinen oder nur einen Teil ihres Lohnes erhalten. Haben sie sich gewehrt, wurden sie Heim geschickt – natürlich ohne Auszahlung.

Will heissen: obschon man in Sotschi rund 7 Jahre Zeit hatte, um Bewohner umzusiedeln –  was, wenn wir ehrlich sind, inzwischen fast bei jedem Grossanlass gemacht wird (siehe WM in Afrika oder Brasilien) – fand man nicht die Zeit, um mit den Tscherkessen über das gefundene Massengrab zu reden. Entspricht das den Menschenrechten? Aber das ist noch nicht alles: 2013 wurde in Russland ein Gesetz erlassen, das die positive Darstellung von Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen mit Geldstrafen belegt  – und auch sonst sind Homosexuelle in Russland nicht gerne gesehen, werden verjagt, verprügelt oder ins Gefängnis gesteckt.

 

Let the Games begin?

In einigen Tagen ist es soweit, die Spiele sollten beginnen, praktisch alle JournalistInnen und SportlerInnen sind bereits am Ort des Geschehens – und twittern fleissig über die Misstände vor Ort. Unwillkürlich frage ich mich, ob ich mir das auch getrauen würde – wahrscheinlichhätte ich Angst davor, wie Putin und seine Gefolgtschafft darauf reagiert. Ich frage mich sogar, ob nicht auch daheimgebliebene JournalistInnen vorsichtiger sind, über Negatives zu berichten, während deren Arbeitskollegen vor Ort sind und womöglich in Gefahr geraten durch kritische Presse. Und doch gibt es sie, die mutigen Menschen, die berichten und twittern, was sie sehen und erleben. Und wir sehen, was wir teilweise schon wissen: Sotschi kriegt vieles nicht auf die Reihe: organisatorisch nicht, arbeitsrechtlich nicht, menschlich nicht.

Hinschauen – und wegschauen

Ich kann, nach allem, was ich gelesen und gesehen habe, diese Olympischen Spiele nicht schauen: Es tut mir leid, weil ich so auch die SportlerInnen nicht unterstützen kann, die hart auf dieses Ziel gearbeitet haben.

Aber ich kann diese Spiele nicht unterstützen und will nicht zu einer hohen Einschaltquote beitragen, mit der Putin und das IOC die Situation verbrämen können, um zu sagen: Seht her, wie toll diese Spiele waren! Wie vielen Menschen wir damit eine Freude gemacht haben!

Auch wenn ich nur eine einzige Person bin: Ich will die sehen, die nicht gesehen werden, denen eine Stimme geben, die nicht gehört werden. Und ich freue mich, dass es andere Menschen von der Strasse, aber auch Stars und Politiker gibt, die sagen: Mit Olympia hat das nichts zu tun – da machen wir nicht mit.

Vielleicht wäre es ja an der Zeit, dass nicht nur die Athleten einen Olympsichen Eid ablegen, sondern auch die Organisatoren – und wir Zuschauer:

Im Namen aller SportlerInnen und FernsehzuschauerInnen verspreche ich, dass wir nur Olympische Spiele unterstützen, die nach gültigen Regeln vergeben, organisiert und umgesetzt wurden. Wir respektieren und achten die Menschenrechte aller und erklären uns solidarisch mit jenen, die ausgenutzt und ausgegrenzt wurden. Weil der wahre Geist von Sportlichkeit unserer Mannschaft sich da zeigt, wo der Ruhm nicht höher gewichtet wird als die Ehre.

Der Olympische Eid, aktuelle Fassung

„Im Namen aller Athleten verspreche ich, dass wir an den Olympischen Spielen teilnehmen und dabei die gültigen Regeln respektieren und befolgen und uns dabei einem Sport ohne Doping und ohne Drogen verpflichten, im wahren Geist der Sportlichkeit, für den Ruhm des Sports und die Ehre unserer Mannschaft.“

Und JA, ich finde es gut, dass sich eine Sportlerin wie Lara Gut negativ zu so einem Event äussert. Sie ist wie wir alle ein Mensch und darf ihre und soll ihre eigene Meinung vertreten.


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